Heinrich Heine: Dichterliebe / Básnikova láska
Im wunderschönen Monat Mai
Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,
Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.
Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,
Da hab’ ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen.
Aus meinen Tränen sprießen
Aus meinen Tränen spriessen
Viel blühende Blumen hervor,
Und meine Seufzer werden
Ein Nachtigallenchor.
Und wenn du mich lieb hast, Kindchen,
Schenk’ ich dir die Blumen all’,
Und vor deinem Fenster soll klingen
Das Lied der Nachtigall.
Die Rose, die Lilie
Die Rose, die Lilie, die Taube, die Sonne,
Die liebt’ ich einst alle in Liebeswonne.
Ich lieb’ sie nicht mehr, ich liebe alleine
Die Kleine, die Feine, die Reine, die Eine;
Sie selber, aller Liebe Wonne,
Ist Rose und Lilie und Taube und Sonne.
Wenn ich in deine Augen seh'
Wenn ich in deine Augen seh’,
So schwindet all’ mein Leid und Weh’;
Doch wenn ich küsse deinen Mund,
So werd’ ich ganz und gar gesund.
Wenn ich mich lehn’ an deine Brust,
Kommt’s über mich wie Himmelslust;
Doch wenn du sprichst: ich liebe dich!
So muss ich weinen bitterlich.
Ich will meine Seele tauchen
Ich will meine Seele tauchen
In den Kelch der Lilie hinein;
Die Lilie soll klingend hauchen
Ein Lied von der Liebsten mein.
Das Lied soll schauern und beben,
Wie der Kuss von ihrem Mund,
Den sie mir einst gegeben
In wunderbar süsser Stund’.
Im Rhein, im heiligen Strome
Im Rhein, im heiligen Strome,
Da spiegelt sich in den Well’n
Mit seinem grossen Dome,
Das grosse, heilige Köln.
Im Dom da steht ein Bildnis,
Auf gold’nem Leder gemalt;
In meines Lebens Wildnis
Hat’s freundlich hineingestrahlt.
Es schweben Blumen und Eng’lein
Um unsre liebe Frau;
Die Augen, die Lippen, die Wäng’lein,
Die gleichen der Liebsten genau.
Ich grolle nicht
Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht,
Ewig verlor’nes Lieb! ich grolle nicht.
Wie du auch strahlst in Diamantenpracht,
Es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht.
Das weiss ich längst. Ich sah dich ja im Traume,
Und sah die Nacht in deines Herzens Raume,
Und sah die Schlang’, die dir am Herzen frisst,
Ich sah, mein Lieb, wie sehr du elend bist.
Ich grolle nicht.
Und wüßten's die Blumen, die kleinen
Und wüssten’s die Blumen, die kleinen,
Wie tief verwundet mein Herz,
Sie würden mit mir weinen,
Zu heilen meinen Schmerz.
Und wüssten’s die Nachtigallen,
Wie ich so traurig und krank,
Sie liessen fröhlich erschallen
Erquickenden Gesang.
Und wüssten sie mein Wehe,
Die goldenen Sternelein,
Sie kämen aus ihrer Höhe,
Und sprächen Trost mir ein.
Sie alle können’s nicht wissen,
Nur eine kennt meinen Schmerz:
Sie hat ja selbst zerrissen,
Zerrissen mir das Herz.
Das ist ein Flöten und Geigen
Das ist ein Flöten und Geigen,
Trompeten schmettern darein;
Da tanzt wohl den Hochzeitsreigen
Die Herzallerliebste mein.
Das ist ein Klingen und Dröhnen,
Ein Pauken und ein Schalmei’n;
Dazwischen schluchzen und stöhnen
Die lieblichen Engelein.
Hör' ich das Liedchen klingen
Hör’ ich das Liedchen klingen,
Das einst die Liebste sang,
So will mir die Brust zerspringen
Von wildem Schmerzendrang.
Es treibt mich ein dunkles Sehnen
Hinauf zur Waldeshöh’,
Dort löst sich auf in Tränen
Mein übergrosses Weh’.
Ein Jüngling liebt ein Mädchen
Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen andern erwählt;
Der andre liebt eine andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.
Das Mädchen nimmt aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.
Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.
Am leuchtenden Sommermorgen
Am leuchtenden Sommermorgen
Geh’ ich im Garten herum.
Es flüstern und sprechen die Blumen,
Ich aber wandle stumm.
Es flüstern und sprechen die Blumen,
Und schau’n mitleidig mich an:
„Sei unsrer Schwester nicht böse,
Du trauriger, blasser Mann.“
Ich hab' im Traum geweinet
Ich hab’ im Traum geweinet,
Mir träumte, du lägest im Grab.
Ich wachte auf, und die Träne
Floss noch von der Wange herab.
Ich hab’ im Traum geweinet,
Mir träumt’, du verliessest mich.
Ich wachte auf, und ich weinte
Noch lange bitterlich.
Ich hab’ im Traum geweinet,
Mir träumte, du wär’st mir noch gut.
Ich wachte auf, und noch immer
Strömt meine Tränenflut.
Allnächtlich im Traume
Allnächtlich im Traume seh’ ich dich
Und sehe dich freundlich grüssen,
Und laut aufweinend stürz’ ich mich
Zu deinen süssen Füssen.
Du siehest mich an wehmütiglich
Und schüttelst das blonde Köpfchen;
Aus deinen Augen schleichen sich
Die Perlentränentröpfchen.
Du sagst mir heimlich ein leises Wort
Und gibst mir den Strauss von Zypressen.
Ich wache auf, und der Strauss ist fort,
Und’s Wort hab’ ich vergessen.
Aus alten Märchen
Aus alten Märchen winkt es
Hervor mit weisser Hand,
Da singt es und da klingt es
Von einem Zauberland;
Wo bunte Blumen blühen
Im gold’nen Abendlicht,
Und lieblich duftend glühen,
Mit bräutlichem Gesicht;
Und grüne Bäume singen
Uralte Melodei’n,
Die Lüfte heimlich klingen,
Und Vögel schmettern drein;
Und Nebelbilder steigen
Wohl aus der Erd’ hervor,
Und tanzen luft’gen Reigen
Im wunderlichen Chor;
Und blaue Funken brennen
An jedem Blatt und Reis,
Und rote Lichter rennen
Im irren, wirren Kreis;
Und laute Quellen brechen
Aus wildem Marmorstein.
Und seltsam in den Bächen
Strahlt fort der Widerschein.
Ach, könnt’ ich dorthin kommen,
Und dort mein Herz erfreu’n,
Und aller Qual entnommen,
Und frei und selig sein!
Ach! jenes Land der Wonne,
Das seh’ ich oft im Traum,
Doch kommt die Morgensonne,
Zerfliesst’s wie eitel Schaum.
Die alten, bösen Lieder
Die alten, bösen Lieder,
Die Träume bös’ und arg,
Die lasst uns jetzt begraben,
Holt einen grossen Sarg.
Hinein leg’ ich gar manches,
Doch sag’ ich noch nicht was;
Der Sarg muss sein noch grösser,
Wie’s Heidelberger Fass.
Und holt eine Totenbahre
Und Bretter fest und dick;
Auch muss sie sein noch länger,
Als wie zu Mainz die Brück’.
Und holt mir auch zwölf Riesen,
Die müssen noch stärker sein
Als wie der starke Christoph
Im Dom zu Köln am Rhein.
Die sollen den Sarg forttragen,
Und senken ins Meer hinab;
Denn solchem grossen Sarge
Gebührt ein grosses Grab.
Wisst ihr, warum der Sarg wohl
So gross und schwer mag sein?
Ich senkt’ auch meine Liebe
Und meinen Schmerz hinein.
Johann Wolfgang von Goethe: Wandrers Nachtlied II
Über allen Gipfeln
Ist Ruh’,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.
Ludwig Rellstab: Aufenthalt
Rauschender Strom, brausender Wald,
Starrender Fels mein Aufenthalt.
Wie sich die Welle an Welle reiht,
Fliessen die Tränen mir ewig erneut.
Hoch in den Kronen wogend sich’s regt,
So unaufhörlich mein Herze schlägt.
Und wie des Felsen uraltes Erz
Ewig derselbe bleibet mein Schmerz.
Friedrich Rückert: Du bist die Ruh
Du bist die Ruh,
Der Friede mild,
Die Sehnsucht du,
Und was sie stillt.
Ich weihe dir
Voll Lust und Schmerz
Zur Wohnung hier
Mein Aug’ und Herz.
Kehr’ ein bei mir,
Und schliesse du
Still hinter dir
Die Pforten zu.
Treib andern Schmerz
Aus dieser Brust.
Voll sei dies Herz
Von deiner Lust.
Dies Augenzelt
Von deinem Glanz
Allein erhellt,
O füll’ es ganz.
Ludwig Rellstab: Liebesbotschaft
Rauschendes Bächlein, so silbern und hell,
Eilst zur Geliebten so munter und schnell?
Ach, trautes Bächlein, mein Bote sei du;
Bringe die Grüsse des Fernen ihr zu.
All’ ihre Blumen im Garten gepflegt,
Die sie so lieblich am Busen trägt,
Und ihre Rosen in purpurner Glut,
Bächlein, erquicke mit kühlender Flut.
Wenn sie am Ufer, in Träume versenkt,
Meiner gedenkend, das Köpfchen hängt;
Tröste die Süsse mit freundlichem Blick,
Denn der Geliebte kehrt bald zurück.
Neigt sich die Sonne mit rötlichem Schein,
Wiege das Liebchen in Schlummer ein.
Rausche sie murmelnd in süsse Ruh,
Flüstre ihr Träume der Liebe zu.